Nach dem Zauberberg

Nach dem Zauberberg

Über 1.000 Seiten Literatur von Weltrang in guten 90 Minuten ohne Pause auf einer Bühne zu verkörpern und die überzeitlichen Konflikte dabei auszuspielen, auszufechten und mit und von Publikum auszuhalten – das war anstrengend. Allerdings durchaus der Mühe wert!
Zum nunmehr letzten Mal wurde der Zauberberg als psychodramatische Lesung wohlfeil geboten und den Gästen, Suchenden, Brüdern und Schwestern in historischem Gemäuer vorgeführt.
Verlegt in die weltentrückten Bergspitzen eines Sanatoriums, einer Versammlung von Kranken, die auf Heil-ung hoffen, anfangs engagiert streben und sich vertreten; den Suchenden, der sich müht, bilden und zu diesem Zweck formen zu wollen, erstickt sich im Fortlauf von Langeweile, Erschlaffung, Zehrung und Vergeblichkeit.

Den durch die Akte begleitenden Erzähler gibt ein desillusionierter Arzt, der als Tätigkeit Pharmazeutika verabreicht und privat sich selbst mit Zigarre und Schnaps selbst therapiert. Der Neophyt wird vielfach verführt und als Schachfigur zwischen den Spielern manipuliert und instrumentalisiert, nur durch kurzes Aufbäumen eigener Fragestellungen und ebensolcher Souveränität durchbrochen. Der kultivierte Humanist hält sich wortreich in Distanz, der konvertierte Jesuit sieht überall Falschheit und will durch Terror predigend missionieren.
Die großen Antipoden fechten erst engagiert, leidenschaftlich, entschieden und überzeugt miteinander vor Publikum, dann immer mehr schleppend und belastet mit sich selbst bis zum eigenen Ekel des Überdrusses an sich selbst und den sich nicht zeigenden Verheißungen. Den Höhepunkt bildete sodann fatalistisch das Duell mit Waffen – Worte und Überzeugungen mögen später folgen.
So war denn der Eindruck des Endes so atemverschlagend, dass auf die hervorragende Inszenierung eine angebotene Diskussion nicht folgen konnte.
Danke dafür!

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.